Was führte zu dem Furor?
Die DSGVO beschreibt, dass Fotos auf denen Menschen sichtbar sind, dem Datenschutzrecht unterliegen. Dieses Recht wird bereits bei Betätigung des Auslösers wirksam und gilt somit als „Erhebung personenbezogener Daten“. Wird also ein Motiv fotografiert bei dem viele Menschen auf dem Bild, allerdings nicht das Motiv sind, muss von allen zu sehenden Personen eine Einwilligung eingeholt werden – theoretisch. Es ist also nachvollziehbar, dass es Wahnsinn wäre vor einem vielbesuchten Denkmal jeden Einzelnen um Erlaubnis zu bitten (schriftlich).
Wie war es bisher geregelt?
Bisher musste nur in seltenen Ausnahmefällen eine vorherige Einwilligung des Abzubildenden eingeholt werden. Erst vor Veröffentlichung ist die Regelung des „Rechts am eigenen Bild“ (siehe Künstlerurheberrecht = KUG) in Kraft getreten.
Ohne Einwilligung der betroffenen Person war also bisher das Veröffentlichen von Fotos bereits rechtswidrig. Allerdings konnte eine einmal erteilte Einwilligung nicht so einfach widerrufen werden.
KUG § 23: Ausnahmen, welche das Veröffentlichen auch ohne Einwilligung ermöglicht haben:
A: Die Bilder handeln über die Zeitgeschichte
B: Auf den Bildern sind die Personen nur Beiwerk, also nicht das Motiv als solches
C: Wenn die Bilder auf großen Veranstaltungen entstanden sind
D: Bilder, welche nicht durch einen Auftrag entstanden sind und die Veröffentlichung „einem höheren Interesse der Kunst“ dient
Wie wird das ganze nun geregelt (meinem Verständnis nach)?
Artikel 4 DSGVO (Absatz 1): Begriffsbestimmung
„personenbezogene Daten“ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen identifiziert werden kann, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind
Lässt man sich das durch den Kopf gehen, kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass theoretisch nur die analoge DSLR-Fotografie nicht unter diese Regelung fällt, da der Film keine Standort und Zeitangaben abspeichern kann.
Artikel 6 DSGVO (Absatz 1): Bedingungen, welche für eine rechtmäßige Verarbeitung erfüllt sein müssen
A: die abzulichtende Person hat ihre Einwilligung gegeben
B: die Verarbeitung ist zur Erfüllung eines Vertrages erforderlich. Die Anfrage hierfür kam dabei von der betroffenen Person
C: die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich
D: die Verarbeitung ist notwendig, um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person (oder anderer) zu schützen
E: die Verarbeitung ist für Erfüllung einer Aufgabe mit öffentlichem Interesseoder Ausübung öffentlicher Gewalt erforderlich
F: die Verarbeitung ist zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen/Dritter notwendig, insofern interessen und Grundrechte/Grundfreiheiten des Betroffenen, die Schutz personenbezogener Daten erfordern, nicht überwiegen (insbesondere bei Kindern)
Erwägungsgrund 18: Keine Anwendung auf den persönlichen oder familiären Bereich
Diese Verordnung gilt nicht, wenn die Bilder im Zuge persönlicher oder familiärer Tätigkeiten erfolgen (Hochzeitsfotografie zum Beispiel) und es keinen Bezug zu beruflichen oder wirtschaftlichen Tätigkeiten bestehen.
Der persönliche und familiäre Bereich wird aber dann verlassen, wenn die Bilder veröffentlich werden!
Artikel 21 DS-GVO: Widerspruchsrecht
Eine Person, welche eine Einwilligung erteilt hat, kann jederzeit Widerspruch einlegen.
Beim ersten Zeitpunkt der Kommunikation muss hierbei auf Absatz 1 und 2 des Artikel 21 hingewiesen werden.
Artikel 85 DS-GVO (Absatz2 ): Optionale Ausnahmeregelung (in Deutschland: die KUG!)
Die EU-Mitgliedsstaaten haben die Möglichkeit durch nationale Ausnahmeregelungen zu schaffen. Dies hat z.B. Schweden und Österreich gemacht. Häufig wird kritisiert, dass Deutschland solch eine Ausnahme nicht getroffen hat und die DS-GVO in vollem Umfang in Kraft treten lies. Diesbezüglich hat der „Deutscher Verband für Fotografie e.V.“ eine Anfrage beim Bürgerservice gestartet und eine ausführliche Antwort erhalten, welche ich untenstehend zittert habe.
In dieser Stellungnahme wird ausdrücklich betont, dass das Kunsturhebergesetz sich auf den Artikel 85 Absatz 1 des DS-GVO stützt und die DS-GVO ergänzt.
"Sehr geehrter Herr X....,
vielen Dank für Ihre Anfragen vom 30. April und 03. Mai 2018.
Eine Verbreitung dieser Antwort ist wünschenswert, sofern die Antwort vollständig wiedergeben und nicht einzelne Passagen aus dem Zusammenhang gerissen werden.
Gerne nehme ich vertiefend zu Ihren Fragen Stellung. Um Wiederholungen zu vermeiden, möchte ich jedoch eingangs erneut betonen, dass sich aus der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) und den diese ergänzenden nationalen Gesetzen keine wesentlichen Änderungen der Rechtslage bei der Anfertigung und Verbreitung von Fotografien ergeben.
Das Anfertigen von Fotografien wird sich auch zukünftig auf eine - wie bislang schon - jederzeit widerrufbare Einwilligung oder alternative Erlaubnistatbestände wie die Ausübung berechtigter Interessen (Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO) stützen können. Diese Erlaubnistatbestände (nach geltender Rechtslage Art. 7 der geltenden EU-Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG i.V.m. den nationalen Umsetzungsgesetzen) decken seit vielen Jahren datenschutzrechtlich die Tätigkeit von Fotografen ab und werden in Art. 6 DS-GVO fortgeführt. Die Annahme, dass die DS-GVO dem Anfertigen von Fotografien entgegenstehe, ist daher unzutreffend.
Für die Veröffentlichung von Fotografien bleibt das Kunsturhebergesetz auch unter der ab dem 25. Mai 2018 anwendbaren Datenschutz-Grundverordnung erhalten. Es sind, wie ich bereits in meiner Antwort ausgeführt habe, keine Änderungen oder gar eine Aufhebung mit Blick auf die Datenschutz-Grundverordnung vorgesehen.
Die Ansicht, das Kunsturhebergesetz werde durch die DS-GVO ab dem 25. Mai 2018 verdrängt, ist falsch. Das Kunsturhebergesetz stützt sich auf Artikel 85 Abs. 1 DS-GVO, der den Mitgliedstaaten nationale Gestaltungsspielräume bei dem Ausgleich zwischen Datenschutz und der Meinungs- und Informationsfreiheit eröffnet. Das Kunsturhebergesetz steht daher nicht im Widerspruch zur DS-GVO, sondern fügt sich als Teil der deutschen Anpassungsgesetzgebung in das System der DS-GVO ein. Eine gesetzliche Regelung zur Fortgeltung des Kunsturhebergesetzes ist nicht erforderlich. Ebenso führen die Ansätze anderer Mitgliedstaaten, die sich in allgemeiner Form zum Verhältnis von Datenschutz und Meinungs- und Informationsfreiheit verhalten, in der praktischen Umsetzung nicht weiter und führen nicht zu mehr Rechtssicherheit.
Die grundrechtlich geschützte Meinungs- und Informationsfreiheit fließt zudem unmittelbar in die Auslegung und Anwendung der DS-GVO ein, insbesondere stellen sie berechtigte Interessen der verantwortlichen Stellen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO dar. Die DS-GVO betont, dass der Schutz personenbezogener Daten kein uneingeschränktes Recht ist, sondern im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gegen andere Grundrechte abgewogen werden (Erwägungsgrund 4). Zu den von der DS-GVO in diesem Zusammenhang genannten Grundrechten zählt ausdrücklich auch die Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit.
Ich würde mich freuen, wenn die vorstehenden Ausführungen dazu beitragen, Ihnen Ihre Befürchtungen zu nehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat
- Bürgerservice –
Quelle:DVF e.V.
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